Analyse über die Wahlkampfstrategien der Nationaldemokratischen Partei Deutschland mit Focus auf die verdeckten, regionalen Organisationsarbeiten in Dortmund, NRW
An diesem Wochenende fanden in
Dortmund, NRW die Kommunalwahlen statt.
Am Sonntag, 26. August 2012,
wurde der Rat der Stadt Dortmund nach der sogenannten „Wahllüge zur
Kommunalwahl 2009“ neu gewählt.
Die Wiederholungswahl 2012
brachte ein überraschend gutes Ergebnis für die Dortmunder SPD. Es war ein
großer Erfolg für die Dortmunder SPD bei sehr geringer Wahlbeteiligung.
Die Dortmunder Grünen konnten
zulegen, während CDU und FDP ein sehr schlechtes Ergebnis erzielten.
Doch der diesjährige kommunale
Wahlwettkampf war mehr als nur ein politischen Messen der bekannten Parteien.
Vielmehr endete dieser Wahlkampf
in einer Flut von Plakaten, Flugblättern und immer lauter werdenden
Demonstrationen.
Mitverantwortlich für diesen
plakativen Wahlkampf war sicherlich die augenscheinliche „Wahlpropaganda“ der
Nationaldemokratischen Partei Deutschlands, kurz NPD.
1.617 Dortmunder haben der NPD am
Sonntag ihre Zweitstimme gegeben (0,7%).
Noch kurz vor dem Wahlwochenende
verkündete die NPD-Dortmund stolz auf ihrer Internetplattform www.npd-dortmund.de:
„15.000 Plakate gehängt, etwa 180.000 Flugblätter verteilt, 40
Infostände und 18 Kundgebungen durchgeführt.“
Weiter heißt es dort:
„Entweder weiter Multi-Kulti-Terror und Finanzchaos oder endlich eine
Partei im Stadtrat, die ausschließlich die Interessen der Deutschen vertritt
[…] 15.000 Plakate, die unsere Botschaften deutlich im gesamten Stadtgebiet
sichtbar gemacht haben, konnten gehängt werden, wovon etwa 3.000 von linken
Banden zerstört oder entwendet wurden.“
Abgesehen von dem fragwürdigen
Syntax solcher Aussagen, muss man sich doch wirklich fragen, ob so etwas im
Sinne des demokratischen Wahlkampfgeistes ist.
Solche und ähnliche Aussagen
erinnern doch eher an Nazi-Regime-Propaganda.
Die aufgehängten Plakate ähnelten
eher einer Hetzjagd als einem fairen Wahlkampf.
Menschenrechtsverletzende
Wahlsprüche und diskriminierende Bilder schmückten die Wahlplakate der Nationaldemokraten.
Noch dazu scheinen die NPD’ler
die Dortmunder tatsächlich mit Subtiler Borussen- Psychologie für sich gewinnen
zu wollen, indem sie versuchen den potentiellen Wählern durch Schwarz-Gelbe
Farbgestaltung Sympathie zu suggerieren.
Auch die Massen an
„Wahlkampfmaterialien“ und der Überblick darüber sind verwunderlich, wenn man
bedenkt, dass die meisten anderen Parteien es gar nicht zwingend für Notwendig
erachten, sich zu der Zahl der verwendeten Plakate zu äußern.
Umso lauter ist die NPD, wenn es
um die Verkündung der Präsenz geht:
„Insgesamt wurden in einer Woche 18 Kundgebungen mit Holger Apfel, Jens
Baur, Matthias Faust, Stefan Köster, Claus Cremer, Timo Pradel, Axel Thieme und
Matthias Wächter durchgeführt. Ferner konnten im gesamten Stadtgebiet in den
letzten Wochen 180.000 Flugblätter verteilt und 40 Infostände durchgeführt
werden.“
___________________________________________________________________________
Holger Apfel ist einer der Köpfe dieser Organisation.
Er ist seit dem 13. November 2011 Bundesvorsitzender der rechtsextremen Nationaldemokratischen
Partei Deutschlands.
Von 2000 bis 2009 war Apfel stellvertretender
Bundesvorsitzender der NPD.
Seit 2004 ist er Vorsitzender der NPD-Fraktion im sächsischen
Landtag und von 2009 bis 2012 war er Landesvorsitzender der NPD Sachsen.
Außerdem war Apfel Vorsitzender des Nationalen Bündnisses Dresden.
Er ist kein unbeschriebenes Blatt in der Szene und wurde
bereits 1996 Verlagsleiter des NPD-Verlags Deutsche Stimme Verlag und im Jahr 2000 Chefredakteur des
gleichnamigen Parteiorgans der NPD, der „Deutschen Stimme“, ein Presseorgan der
NPD.
Im Januar 2005 kam es im sächsischen Landtag während einer
provokanten Rede Apfels zu tumultartigen Auseinandersetzungen, die bundesweit
für Aufregung sorgten und die Debatte über den Umgang mit der NPD neu
entfachten.
___________________________________________________________________________
Mit solchen Politikern an der
Spitze der Partei und an der Front im Wahlkampf muss die NPD einfach mit
Widerstand von außen rechnen.
Etliche Demonstrationen
begleiteten die Kommunalwahlen und auch Parteien wehrten sich gegen die rechtextremen
Züge einiger Mitstreiter und antworteten ebenfalls mit Plakaten.
Doch auch hier reagierte die
Szene schnell.
Drei Männer aus der rechten Szene
haben an einem Wochenende an der Rheinischen Straße Wahlplakate der Grünen
abgerissen und beschädigt.
Die 23 bis 24 Jahre alten Männer
aus Gelsenkirchen standen unter Alkoholeinfluss und wurden kurz nach der Tat
von der Polizei festgenommen. Sie wurden zur Ausnüchterung ins Gefängnis
eingeliefert.
Einige Tage später hatten Zeugen erneut
die Polizei zur Möllerbrücke gerufen. Dort hatten zwei 21 Jahre alte Dortmunder
Wahlplakate der Grünen beschädigt. Sie gehören ebenfalls zum rechten Spektrum.
Gegen die Tatverdächtigen wurde Strafanzeige wegen Sachbeschädigung gestellt.
Aufgrund der sich häufenden
Aufstände der rechten Szene wurden erneut geplante Demonstrationen am 31.08.
und 01.09, sogenannte Nazi-Aufmärsche, von der Polizei verboten.
Polizeipräsident Norbert Wesseler erklärte zum Thema Demoverbot:
„Durch die Arbeit der Sonderkommission "Kein Raum für
Rechtsextreme" habe man zusätzliche Einblicke in die Organisation der
verbotenen Organisation "Nationaler Widerstand Dortmund" gewonnen. So
konnte die Dortmunder Polizei das Verbot der Gruppe durch NRW-Innenminister
Jäger am Donnerstag unterstützen […]Man habe mit der damals noch nicht
verbotenen Gruppe Kooperationsgespräche über einen Aufmarsch in Hörde geführt.
[…] Das dulden wir nicht und setzen die Ziele des Vereinsgesetzes durch! Wir,
die Polizei Dortmund, werden konsequent den Weg gegen Verfassungsfeinde
weitergehen, den wir eingeschlagen haben. Und wir werden nicht zulassen, dass
verbotene Demonstrationen durchgeführt werden."
Die Polizei Dortmund informiert weiter auf der Internetseite www.polizei-nrw.de/dortmund :„Die Dortmunder Polizei steht in den nächsten Tagen im Zusammenhang mit dem angemeldeten und zu erwartenden Demonstrationsgeschehen vor einem ihrer längsten Einsätze. Durch die angekündigte Einrichtung eines Antifa-Camps wird der begleitende polizeiliche Einsatz bereits am Freitag, 24.08.2012 beginnen.Eine Vielzahl von Veranstaltungen und demonstrativen Aktionen ist angemeldet. Wir werden diese mit der erforderlichen Professionalität schützen und Gewalttätigkeiten konsequent entgegentreten. Zur Information der Bürgerinnen und Bürger werden in den nächsten Tagen Infomobile an verschiedenen Standorten zu finden sein. Wir werden frühzeitig über die Termine informieren.“
Ab sofort nutzt das Polizeipräsidium Dortmund auch die Sozialen Netzwerke Facebook und Twitter für alle aktuellen Informationen.
www.facebook.com/pages/Polizei-Dortmund-Einsatz/466394926714456
http://twitter.com/PolizeiDortmund
Vier Tage vor den
Kommunalwahlen in Dortmund rückten mehr als 900 Polizisten am frühen
Donnerstagmorgen zu einem Großeinsatz gegen die rechtsextremistischen Vereine
„Kameradschaft Aachener Land“, „Kameradschaft Hamm“ und „Nationaler Widerstand
Dortmund“ aus. Knapp 150 Räume im Ruhrgebiet und im Raum Aachen wurden
durchsucht, wie ein Sprecher des Innenministeriums in Düsseldorf mitteilte:
„Es dürfte sich um den wohl größten Schlag gegen Neonazis in dem
bevölkerungsreichsten Bundesland handeln.“
Bei der Razzia wurden unter anderem Schusswaffen, Schlagringe, Schlagstöcke,
Eisenrohre, Springmesser, Baseballschläger, ein Morgenstern, eine Zwille und
Pfefferspray sichergestellt. Die Beamten beschlagnahmten auch eine Vielzahl von
Datenträgern und Propagandamaterial und sogar eine Hitler-Büste. Festnahmen gab
es zunächst wohl nicht. Die Polizisten durchforsteten Wohnungen und
Vereinsräume in Dortmund, Bochum, Gelsenkirchen, Hamm, im Kreis Unna, in
Münster, Bielefeld, Schwerte, Lünen und im Großraum Aachen. Das Vermögen der
Kameradschaften werde beschlagnahmt, das Tragen der Vereinssymbole sei nun
verboten, sagte der Ministeriumssprecher:„Es sind die drei aktivsten Neonazigruppen in NRW. Wir reißen damit große Löcher in das Netzwerk der Neonazis.“
Auch die Dortmunder Polizei sprach vom bisher
„umfangreichsten Schlag gegen Rechtsextremisten“.
Das gefundene Material zeigt außerdem eine eindeutige Verflechtung von der NPD und gewaltbereiten Neonazis und deren Organisationen. So wurden in den Räumen des Vereins in Dortmund von den Beamten 1.000 Plakate der rechtsextremen NPD sichergestellt. Der Fund wird der Bund-Länder-Kommission als Material für ein mögliches NPD-Verbotsverfahren zur Verfügung gestellt. Innenminister Ralf Jäger (SPD) in Düsseldorf betonte:
„Die
Mitglieder und Unterstützer der verbotenen Vereinigungen lehnen unsere
Demokratie und die geltende Rechtsordnung ab. Sie bekannten sich offen zum
verbrecherischen Nationalsozialismus und zu führenden Personen dieses
menschenverachtenden Systems. Alle ihre Aktionen sind darauf gerichtet, unsere
demokratische Gesellschaftsordnung zu untergraben. Diese Kameradschaften sind
fremdenfeindlich, rassistisch und antisemitisch.“
„Auch weiterhin werden wir gegen verfassungsfeindliche Neonazis vorgehen und ihnen auf die Springerstiefel treten. Wir werden auch weiterhin alle Möglichkeiten nutzen, um den braunen Sumpf auszutrocknen.“
Des Weiteren löste die Polizei eine Spontandemonstration von fast 20 Rechtsextremen in Dortmund auf. Sie hatten sich nach Angaben der Polizei als Reaktion auf das Verbot und die Durchsuchungen versammelt. Als bekannt wurde, dass der Anmelder der Demonstration einer der verbotenen Kameradschaften angehörte, löste die Polizei die Versammlung auf. Einer der Teilnehmer war der natürlich der NPD-Bundesvorsitzende Holger Apfel.
Die Aktion gegen Rechtsextreme war nicht die erste in diesem Jahr in NRW. Erst im Mai hatte Jäger die Kölner „Kameradschaft Walter Spangenberg“ verboten. Im April wurden 20 Gebäude durchsucht. Nach einer jüngst veröffentlichten Antwort des Innenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Grünen ist Kriminalität aus dem rechtsextremen Milieu weiterhin ein Problem in NRW. Mit 1.517 rechtsmotivierten Straftaten habe es zwischen Januar und Juni im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 52 Fälle mehr gegeben. Für das 2011 wurde mit 3.015 Straftaten der dritthöchste Wert für rechte Kriminalität in NRW in den vergangenen zehn Jahren registriert.
Sind also schlussendlich vielleicht auch die aggressiven Wahlkampfstrategien der NPD mit Schuld an den enormen Auswüchsen des „braunen Sumpfes“ vor allem in der „Hochburg Dortmund“? Warum gibt es eigentlich keine präzisen Richtlinien bezüglich der Gestaltung solcher politischen Wahlkampfplakate, die diese Art der politischen Provokation unterbinden?
Uns bleibt die Demonstrationslust und der Wille uns gegen „die Nationalen“ laut zu machen.
Quellen